ZWAR-Tour: Worpswede im Teufelsmoor
Treffpunkt ist am Kassenautomaten des Lemförder Bahnhofs. Die Spannung steigt. Wir müssen noch die Fahrradfahrkarten kaufen. Heinrich ist der Handykönig und hat es schon auf seinem Handy für 3,95 Euro geladen. Wir folgen dem Bildschirm: VBN-Auswahl drücken, dann nach Bremen, dann Fahrradkarte: das Ergebnis ist 2 Euro. Egal, was wir probieren, es bleibt dabei. OK, dann eben 4x für 2 Euro. Und das Entwerten auf dem Bahnsteig nicht vergessen.
Außer unseren 5 Rädern stehen noch zwei Bremer mit Rädern am Bahnsteig, die mit Freunden
schöne Tage in Brockum hatten. Jetzt werden wir wieder schlauer. Der Zug hat zwei Abteile für Räder. In der Mitte des Zuges gibt es Platz für ca. 6 Räder, sowie das riesige Abteil am Zugende, welches wieder ziemlich leer ist. Irgendwie finden wir auch noch Sitzplätze. Bremen, wir kommen! Am Bahnsteig ist der Fahrstuhl das Nadelöhr. Es passen 2 Räder rein, aber Rollis und Kinderwagen first. Egal, wir haben keine Eile.
Wir nehmen den Ausgang „Bürgerweide-Messe“. Und eigentlich sind wir fast sofort im wunderschönen Bürgerpark. In der Mitte des Parks sind die Wege für Fußgänger, aber die äußeren
Wege sind für Reiter und Radler. Es führt uns der Radweg in Richtung Universität, dann über die Autobahnbrücke. Was für ein Lärm!
Der Weg zur Schleuse Kuhsiel geht durch Hollerland und es kann nicht schöner sein. Dann fahren wir über die Wümme Richtung Lilienthal. Dieses niedersächsische Städtchen lernen wir von seiner Schokoladenseite kennen, denn der Weg führt durch Wohnsiedlungen und Gärten. „Rock im Torf in Südwede“. Auf diesem Platz müssen wir natürlich Pause machen. Zu gerne hätte sich Friedhelm ausgetauscht und Einladungen für „Rock am Turm in Westrup“ ausgesprochen. Dann taucht auch schon das Ortsschild Worpswede auf. Na prima. Zwei Wegweiser zeigen ins Zentrum: geradeaus und nach links.
Egal. Wir haben Hunger und Durst und brauchen eine Pause. Ein Cafe bietet Suppen und Flammkuchen an. Es tut so richtig gut, auf weichen Kissen zu sitzen. Es ist mittlerweile schön warm geworden, ein richtiger Sommertag, wie Rudi Carrell ihn sich wünschen würde. Beim genialen Erdbeereisbecher merken wir dann auch endlich, wie hübsch dieser Ort ist. Wir sitzen im Zentrum an einer ruhigen Straße. Prächtige Blumenkübel stehen vor der Kunsthalle und der Touri-Info. Aber nach Museumsbesuch ist uns (leider) gar nicht zu Mute. Ich hole mir nur 1000 Prospekte; Torfkahnfahrten, Frauenorte, Moorexpress, Radtouren und natürlich der Barkenhof mit Heinrich Vogler mit Friends. Seine Idee: Der neue Mensch.
Worpswede hat einen Berg. Der Weyerberg ist 54 Meter hoch. Nicht lachen. Dieser Sandberg erhebt sich sehr deutlich aus dem pottebenen Teufelsmoor hervor und wir müssen auf den Sandwegen die Räder schieben und auch keuchen. Dann taucht der Barkenhof mit seinen schneeweißen Bauten aus dem Wald auf. Wie herrlich! Wie beeindruckend und schon 100 Jahre alt.
Selfies zu machen, das üben wir noch. Aber bedenkt bitte, daß Gelände ist sehr hügelig. Starten wir die Heimfahrt. Der Radweg an der Worpshauser Landstraße ist wunderschön geteert. Das tut unseren Popos gut und wir nehmen es in Kauf, wenn es auch gar nicht idyllisch ist und mir prompt eine Frau vor das Rad läuft und ich mir mit dem Bremsmanöver blaue Flecken einhandele. Dann flitzt ein Winzling mit seinem Laufrad durch die Gegend und weit und breit sind keine Eltern zu sehen. Er saust Richtung Straße und ist kaum zu stoppen. Da taucht Mama auf Skates hinter der Hecke auf und schimpft mit ihm, daß er doch hören muß und soll.
Dann hat Heinrich ein Problem. Sein Hinterrad verliert Luft. Kein Mensch hat mehr eine Luftpumpe dabei. Also fragen wir an einem Haus, wo Räder vor der Garage stehen. So ein netter Mensch! Wir versprechen bald mit Schluck wiederzukommen und Heinrich strahlt: ich habe ein neues Rad. Wir fahren 5 km durch herrliche Felder. Neben uns ein Bahndamm oder Deich, auf den Weiden Rindvieh. Alles ist gut. Wir genießen es. Bloß wir sind verkehrt und Richtung Osterholz unterwegs.
UMKEHREN. Shit. Der Nachteil der wunderschönen norddeutschen Landschaft ist, daß sie doch überall ziemlich gleich aussieht. Jetzt aber ab nach Bremen. Wirklich und echt. Es ist einfacher aus einer Stadt heraus zu fahren, als wieder herein zu fahren. Außerdem sind wir Landeier und das ganze fordert uns schon sehr. Endlich Universität, Bürgerpark, Bahnhof. Der Zug fährt in 20 Minuten. Das paßt. Vor dem Aufzug steht die übliche Schlange: Kinderwagen, Rolli, Räder. Dieser Zug um 18 Uhr ist wieder voll. Das Radabteil ist wieder leer. Diese Fahrt haben wir geschafft. Sie hat uns auch geschafft. Aber wir summen: Mit 66 Jahren, da fängt das Leben an …